Die dicke Marie, der älteste Baum Berlins

Nur wenige Meter vom Ufer des Tegeler Sees entfernt, am Rande des Tegeler Forstes, steht eine alte Eiche. Ihre beste Zeit ist längst Vergangenheit und ohne ihre Geschichte wäre sie nur ein eher unauffälliger alter Baum inmitten des Waldes. Doch die dicke Marie zählt als der älteste Baum Berlins und ist ein sogenannter Nationalerbe-Baum. Davon gibt es in ganz Deutschland nur 8 und die dicke Marie ist von diesen 8 der einzige Baum in einem Wald.

Sie ist heute weder besonders hoch noch besitzt Sie einen großen Umfang, das verhindern die anderen Bäume um sie herum, aber die dicke Marie glänzt mit ihrer Vergangenheit und könnte sie sprechen, so würde sie wahrscheinlich von ihren Besuchern erzählen, die im Schatten ihres Laubes saßen, vor allem von zwei Kindern, die der Dicken Marie ihren Namen verliehen.

Eine Köchin als Namensgeberin

Irgendwann in der Zeit um 1770 herum besuchten oft zwei Kinder den Baum, Wilhelm und Alexander, die das in der Nähe liegende Tegeler Schloss mit ihrer Familie bewohnten. Vor fast 300 Jahren war die dicke Marie noch eine mächtige Eiche mit einer weit ausladenden Krone. So wie Kinder nun mal sind, dachten sie sich für den Baum einen Namen aus. Angesichts der Proportionen kamen sie darauf, die Eiche nach der Köchin im Schloss zu benennen, Marie, die auch einen mächtigen Leib besaß, also dicke Marie. Die beiden Kinder hießen mit Nachnamen übrigens Humboldt. Der jüngere der beiden, Alexander, sollte später als Forschungsreisender und Schriftsteller weltberühmt werden.

Ein anderer Besucher der dicken Marie war schon berühmt, als er den Baum betrachtete. Im Jahr 1778 kam Johann Wolfgang von Goethe auf einer Reise von Weimar nach Berlin während eines Besuchs bei der Familie Humboldt vorbei, Alexander war da noch Schüler. Sicher gaben sich noch mehr berühmte oder zumindest bekannte Geister ein Stelldichein bei der immer bekannter werdenden Eiche, die schon zu Lebzeiten Humboldts und Goethes weit über zweihundert Jahre alt war.

Jünger als einst angenommen

Bis in das 20. Jahrhundert hinein wurde das Alter der dicken Marie auf rund 800 Jahre geschätzt. Die Deutsche Dendrologische Gesellschaft jedoch kam nach Untersuchungen am Baum auf ein Alter zwischen 500 und 600 Jahren. Da der Baum in der Mitte angefault ist, können die Jahresringe nicht mehr vollständig gezählt werden, was mittels Kernbohrung möglich gewesen wäre, ohne den Baum zu fällen.

So also wurde der Baum irgendwann im 16. Jahrhundert eingepflanzt oder ist aus einer Eichel entstanden, was wahrscheinlicher ist. Zum Anfang des 16. Jahrhunderts zählten die beiden Städte Berlin und Cölln zusammen nur etwa 12.000 Einwohner. Es war die Zeit der großen Reformation. Der Kurfürst Joachim II lässt 1542 einen Reitweg von seinem Stadtschloss zum Jagdschloss im Grunewald anlegen. Aus diesem Reitweg sollte viele Jahrzehnte später der Kurfürstendamm werden. Auch „Unter den Linden“ war einst ein kurfürstlicher Reitweg. Um die Zeit, als die dicke Marie heranwuchs, entstand auch das erste Tegeler Schloss, im Jahr 1558. Sehr viel später wuchsen darin die beiden Humboldtbrüder auf und entdeckten beim Spielen am Tegeler See irgendwann die dicke Marie.


Januar 2024

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